Zerstörtes Haus mit intakter Garage

(Am Stadtrand, sozusagen wie ein Vorort, befanden sich einmal ein paar kleine Einfamilienhäuser. Die meisten sind völlig zerstört, aber es gibt noch eines, wo wenigstens die Garage noch steht.)

Würde man von dieser Seite in die Stadt kommen, so sähe man einen ehemalige schöne Vorstadtstraße, in der wohl einmal wunderschöne kleine Häuser standen. Viele waren halb zerfallen oder absichtlich dem Erdboden gleich gemacht worden, wie das genau passiert war, das konnte man in diesen tagen natürlich nicht sagen. Wäre man zu dem, was einmal ein Haus aus vier Wänden gewesen war, nun jedoch nur noch eine Wand mit ein paar zusätzlichen Steinen war, die hier verstreut lagen, gegangen, so würde man auf eine noch stehende Garage treffen. Das Tor, welches man mit der Hand von unten nach oben drücken konnte, war geöffnet. Blickte man hinein, so würde sich ein ungewöhnliches Bild offenbaren. In dem kleinen Gebäude befand sich ein rotes Auto, das so neu aussah, als hätte es hier nie lange gestanden. Es handelte sich um einen Plymouth Fury, ein Cabriolet, dessen Lack sogar glänzte. Ein junger Mann in abgerissenen Klamotten beugte sich gerade über die geöffnete Motorhaube und begutachtete das Innenleben. Mühsam hatte er dieses Auto in den letzten Wochen und Monaten restauriert, und es war ziemlich schwierig gewesen, gewisse Teile zu finden. Aber zum Glück hatte es einiges bereits hier in dieser Garage gegeben, wie zum Beispiel den Lack. Der, dem das Auto früher gehört hatte, musste ein richtiger Liebhaber von solchen Klassikern wie diesem hier gewesen sein, genau wie der junge Mann, der jetzt ein paar Schrauben festzog und andere Dinge inspizierte. Das hatte er in letzter Zeit dauernd getan, aber es gab nichts mehr zu tun an diesem Wagen, außer einer einzigen Sache. Die Batterie musste irgendwie aufgeladen werden, und dann fehlte natürlich noch das Benzin. Das würde das aller schwerste an der Angelegenheit werden. Aber wollte er überhaupt fahren? Ja, das wollte er! Aber was viel wichtiger für ihn war: Dieses Auto war jetzt sein Zuhause. Er schlief in der Nacht darin und fühlte sich hier in Sicherheit, und eben diese Sicherheit hatte er sonst ja kaum heutzutage. Er fühlte sich wohl, denn er stand fast am Ende einer langen Zeit der Arbeit, er hatte es geschafft. Niemand würde es würdigen können, aber das Wichtige war ja, dass er selbst stolz darauf war. Das Auto sah genauso aus wie das, mit dem er früher, vor dem Virus, gefahren war. Natürlich war das damals nicht legal, denn er war noch ein wenig zu jung für den Führerschein gewesen, aber das stellte damals kein Problem dar. Er hatte nicht nur gefälschte Ausweise, sondern auch einen gefälschten Führerschein besessen.

Schließlich klappte Jordan, so der Name dieses jungen Mannes, die Motorhaube zu und betrachtete das Auto eingehend. Jetzt wollte er losgehen, um vielleicht doch noch eine volle Autobatterie zu finden oder aber die Möglichkeit, sie aufzuladen. Und wenn das klappte, so würde er vielleicht auch das Benzin finden. Und so ganz nebenbei stellte er noch fest, dass er tierischen Hunger hatte. Tja, es hieß also losgehen...
Er hatte Angst davor, obwohl er es nicht zugeben würde. Er wusste, die Sachen, die er suchte, würden nur da zu finden sein, wo die Technos wohnten. Er glaubte zwar, dass sie nicht da waren, so wie die meisten anderen, aber wer wusste das schon mit Sicherheit? Natürlich erschien ihm die Stadt wie ausgestorben, kein Wunder, nachdem sie alle Leine gezogen hatten. Selbst die ganzen Tribes waren weggegangen. Vielleicht war die Gelegenheit also noch günstig. Vielleicht war noch keiner zurückgekommen...
Und so entschied er sich, dorthin aufzubrechen. Er ging also hinaus und machte das Tor zu. Nachdem er kurz durchgeatmet hatte, ging er los...

- Einstiegspost -

Chelsea war gelaufen und gelaufen, ihre Füße brannten, und die warme Sonne schien ihr ins Gesicht, als sie endlich den Stadtrand erreicht hatte. Lange hatte sie mit sich gehadert, ob sie zurück in die Stadt gehen sollte oder lieber nicht. Lange, das waren gute zweieinhalb Jahre gewesen, in denen sie sich mit flüchtigen Bekanntschaften über Wasser gehalten hatte. Sie bot ihre Hilfe an, dafür bekam sie die der Fremden. Das war immer ein Geben und ein Nehmen gewesen. So lebte es sich ausgesprochen gut, aber Chelsea wollte mehr, sie wollte Leute kennenlernen mit denen sie für lange Zeit glücklich sein konnte, mit denen sie lachen konnte, spaß haben konnte. Sie wollte eine Familie. Sie kam in ein Vorort, der ihr nicht wirklich bekannt vorkam, es musste Jahre vor dem Virus gewesen sein, als sie das letzte mal auf dieser Seite der Stadt gewesen war. Einfamilienhäuser waren links und rechts am Straßenrand zu erkennen. Keines von ihnen war in einem guten Zustand.
Es war ein nahezu trauriges Bild, was diese Welt mit den einst so schönen Häusern angestellt hatte, aber Chelsea war nicht zum weinen zumute. Sie lächelte der Sonne entgegen, die hochoben am Himmelszelt ihre Zeit abhielt. Als sie um eine Kurve kam sah sie von weiten einen jungen Mann die Straße entlang gehen, ein Mensch, zwischen all den Trümmern, fand sie blühendes Leben. Automatisch beschleunigte sich Chelseas Gang um einiges, sie wollte diesen Mann so schnell es geht einholen, als sie nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, und sie glaubte, er könnte sie hören, wenn sie in normaler Lautstärke sprach, sagte sie freundlich "hey, hallo.. warte mal!" ..

Jordan merkte zuerst gar nicht, dass ihm jemand folgte. In all den Jahren hatte er nichts dazugelernt, was seine Sicherheit betraf. Er traf nie irgendwelche Vorkehrungen gegen Einbrecher, und er unternahm auch ichts, um seine Person zu schützen. Diese "ist mir doch egal"-Philosophie hatte er schon in der Schule drauf gehabt, und es war ihm wirklich alles egal gewesen. Es war ihm egal gewesen, dass er schon fast aus der Schule geflogen wäre, da er fast jede Stunde schwänzte und sowieso schlechte Noten hatte, schließlich hatte er starke Schwierigkeiten mit dem Lesen. Ebenso war es ihm egal gewesen, was andere von ihm hielten. Okay, nein..nein, das stimmte nicht ganz. Seine Kumpel waren ihm wichtig gewesen,d ie Frozen Embryos waren wichtig gewesen...aber nix anderes, er glaubte sich nicht daran erinnern zu können, dass es außer dem Auto noch etwas gegeben hätte.
Wobei...irgendwo war das was, eine wage Erinnerung...irgendso eine Kleine, die ihm immer auf die Pelle gerückt war und die er eigentlich ganz gut fand...
Sie waren eigentlich grade dabei gewesen, sich kennenzulernen sozusagen, als alles anders wurde und der Virus zuschlug. Diese Erinnerung durchlebte er, während er hier entlang ging auf dem Weg in die Stadt, jedoch nicht bewusst.

Schließlich hörte er plötzlich eine Stimme, die ihm zurief er solle mal warten. Er zuckte zusammen. Na toll...jetzt war doch einer von denen zurückgekommen? Nicht schon wieder...die paar Wochen in diesem dunklen Zimmer waren die Hölle, fast schlimmer als früher, wenn er im Klassenzimmer festsaß und versuchte, die Wörter zu entschlüsseln, während die anderen eifrig ihre Tests schrieben...
Seufzend drehte er sich um, schon einen passenden Spruch auf den Lippen.
"Hör mal....mir is egal, was ihr vorhabt, aber wenn ihr meint mich wieder irgendwo einsperren zu müssen...."
Seine Stimme klang so, als ob ihm das echt egal wäre. Aber als er sich zu Chelsea umgedreht hatte, sah er nur irgendein Mädchen...keine Technos oder sonstwelche irren Typen. Sein Blick wurde verwirrt. Und irgendwie...starrte er sie nur an.
"Oh....", machte er nur. Die tatsache, dass sich seine Stimme in all den Jahren nicht verändert hatte, überraschte ihn grade. Dieses leicht raue, aber dennoch junge darin, als wäre er noch immer 15 oder 16, war noch immer vorhanden. Und irgendwas kam ihm bekannt vor an ihrer Stimme, als hätte er sie irgendwo schonmal gehört...
Und auch das Gesicht...irgendwo hatte er die schonmal gesehen...aber wo nur? Es wollte ihm nicht einfallen. Weil er nichts weiter zu sagen wusste, beschränkte er sich nur auf:
"...Hi...ich, dachte...du wärst..."
Weiter sprach er nicht, in der Annahme sie würde ihn eh verstehen. Er redete nie gerne, und er vermied so viele Wörter wie möglich.

Chelseas Schritte wurden wieder etwas langsamer, gleichmäßiger, als der junge Mann stehen blieb, und sie wirklich nur noch sehr wenige Meter trennten. Sie wollten ihn fragen wohin er gehen wollte, ob er Begleitung gebrauchen könnte, sie ihm eventuell Gesellschaft leisten könnte, aber anstelle ihrer Fragen, fuhr er sie nur an. Doch Chelsea hatte keine Angst. Mit großen, neugierigen Augen starrte die 20 jährige ihren Gegenüber an, der sich sogleich für seine Aussage entschuldigte - zumindest vernahm sie eine Entschuldigung aus seinem Gestottere. Chelsea schenkte ihm ein strahlendes Lächeln "ich wäre wer?", fragte sie und stellte sich vor ihn, als sie entgültig bei ihm ankam.

Sie hielt seinem Blick stand, und aus irgendeinem Grund kamen ihr seine Augen bekannt vor, aber sie wusste nicht woher, denn in der nahen Vergangenheit war er ihr niemals über den Weg gelaufen, denn so vergesslich wäre Chelsea nicht gewesen.

Chelsea verlagerte ihr Gewicht von einem auf das andere Bein und betrachtete den Jungen und seine Reaktionen ganz genau. Immernoch schenkte sie ihm ein freundliches Lächeln, welches auch so gemeint war.

Sie stellte Fragen...oder zumindest eine. Eigentlich mochte Jordan keine Fragen, besonders keine auf die er antworten musste...oder sollte. Aber diese Kleine lächelte ihn so freundlich an, da konnte er ja auch nicht einfach weggehen, wie er es früher immer gemacht hatte, wenn irgendwer ihn ausgefragt hatte, oder vor einem Lehrer, der ihn zur Rede stellen wollte, wieso er nicht in der Stunde gewesen war. Dass sie nicht wusste, was er meinte, verwirrte ihn. Er war nicht gut darin, was zu erklären, überhaupt konnte er nicht mit Worten gut umgehen.
Also zuckte er die Schultern und versuchte es einfach mal.
"Naja....diese Typen mit den Laserkanonen..." Er wusste einfach nicht, wie er sie näher beschreiben sollte, diese Waffen, er hatte sich nicht genau damit beschäftigt, er hatte damals nur gewusst, dass die nicht ungefährlich waren. "Die tragen so komische Anzüge...schwarze...wie Ballett-Tänzer oder so...die haben mal die ganze Stadt in Beschlag gehabt..."
Neugierig betrachtete er sie ein paar Sekunden lang, dann senkte er seinen Blick zum Boden, wie er es so oft tat. Und da er schon hier stehen musste, lehnte er sich mit dem Rücken an den Gartenzaun neben ihm, der seltsamerweise im Gegensatz zu dem Haus stehen geblieben war.
Nach einigen Momenten wollte er auch eine Frage stellen, obwohl ihm Konversation eigentlich schon immer irgendwie zuwider war, er hatte einfach immer zu viele schlechte Erfahrungen gemacht und hatte nie viel Sinn darin gesehen. Aber er fand sie niedlich, also fragte er sie: "Und wer bist du?"

Chelsea konnte sich kaum ein kichern verkneifen, die Beschreibung der Technos traf der Fremde wie den Nagel auf den Kopf. Sie hatte viel von den Technos gehört, aus Geschichten, von umhergezogenen Kindern, auch hier und dort, hatte sie Anwärter der Technos, auf ihrem Weg getroffen, aber die Auswirkungen die dieser Tribe anscheinend bewirkt hatte, davon wusste sie nicht genaueres. Sie war lange nicht mehr hier gewesen, in der Stadt. Sie wollte den Tatsachen, dass sie ihre Freunde wahrscheinlich nie wieder sehen würde einfach nicht in die Augen sehen, sich ihnen nicht stellen, wusste sie genau, dass die Wahrheit doch mehr tuen würde, als sie je beschlossen hatte an sich heran kommen zu lassen. Mit einer Sprachbegabung hatte es Chelsea hier wirklich nicht zu tun, eher mit einem toughen jungen Kerl, der sein Kapital eher aus seinem Aussehen zog, zumindest empfand Chelsea es so, dass er es durchaus hätte tun können. Seine blauen Augen hatten nichts bösartiges an sich, und wiedereinmal kamen sie ihm seltsam vertraut vor irgendwo hatte sie diese blauen Augen schon einmal gesehen, vor dem Virus, bevor alles anders war. Aber sie war noch jung gewesen, sie konnte sich nicht mehr genau an alle Details erinnern, oder sie wollte es wohl eher nicht, immerhin hätten ihr vieles erlebtes den Boden unter den Füßen wegreißen können. Chelsea stand lieber auf beiden Beinen, sie hatte gerne den festen Halt unter ihren Füßen.
"Ich heiße Chelsea", antworte sie freundlich auf die Frage des Jungen vor ihr, "nett dich kennenzulernen...?!", die Pause die sie einlegte, verdeutlichte, dass auch sie gerne den Namen ihres neuen Bekannten zu wissen. "Ich wollte zurück in die Stadt, es noch einmal ganz genau wissen, ich bin schon viel zu lange allein unterwegs", ihr Blick schweifte zu den herruntergekommenden Häusern und ein kalter Schauer legte sich auf ihren Armen nieder.

Jordan runzelte leicht die Stirn. Dieses Kichern...das kannte er irgendwoher. Sie stellte sich ihm als Chelsea vor. Irgendwo kramte er tief in seiner Erinnerung. Rein äußerlich machte er nicht den Eindruck als denke er angestrengt nach, er lehnte lässig mit dem Rücken an den Gartenzaun und sah halb sie, halb den Boden an. Ein Bild tauchte vor seinem geistigen Auge auf. In dieser kurzen Szene marschierte er den Gang in der Schule entlang, umgeben von zwei seiner Kumpels. Dabei kam er an einer kleinen gruppe Mädchen vorbei, die ungefähr so alt waren wie er. Die eine kicherte gerade, als die andere irgendwas erzählt hatte, und dann hatte sie ihn angesehen, und ihr Kichern war plötzlich verstummt. Er erlebte diese fast bedeutungslose Szene seines früheren Lebens in Zeitlupe.
"Ähm....oh...ja, schön dich kennenzulernen...ich bin Jordan...", sagte er und kam auf sie zu, streckte ihr die Hand entgegen, sein Blick sagte einiges über ihn dabei aus. Nämlich, dass er wusste, dass es höflich war, anderen die Hand zu geben, aber auch leichte Vorsicht, denn er war ein bisschen kritisch was so Kram anbetraf. Aber er tat es dennoch gerne, besonders beo so einer niedlichen Kleinen, von der er überzeugt war, sie zu kennen. War sie womöglich eine von den Mädchen aus der Szene in seinem Kopf? Könnte irgendwie hinkommen...er hatte ihren Namen sicher damals irgendwann gehört, sie hatten sich ja ein einziges Mal kurz unterhalten, wie er sich erinenrte. Aber an den Namen konnte er sich nicht erinnern, das war alles wie im Nebel...

Jordan. .. Jordan.. Da war mal ein Junge in ihrer Schule gewesen, der hieß so, ziemlich beliebt, bei den Mädchen, Chelsea hatte sich immer etwas amüsiert darüber, wie sie hinter seinem Rücken tuschelten, wenn er an ihnen vorbei ging. Er war hübsch gewesen, soweit sie sich daran erinnern konnte. Aber lang ist es her gewesen, und dieser Name war jetzt auch nicht sonderlich selten, hier schon gar nicht. Er streckte ihr die Hand entgegen, und Chelsea erwiderte seine freundliche Geste und umschlung seine Hand mit ihrer "freut mich..", wiederholte sie lächelnd. Lässig stand er da, an dem Gartenzaun gelehnt, als seien nur sie beide und dieser Moment anwesend, dass sie sich inmitten von Trümmern und einem kalten Nichts befanden, schien ihn nicht sonderlich zu stören, was Chelsea äußerst sympatisch fand. Sie verstand Menschen nicht, die vor Traurigkeit niemanden an sich heran ließen, ihnen nicht einmal den Hauch einer Chance gaben, etwas in ihnen zu bewegen, in ihnen ein Feuer zu entfachen, und ihnen etwas Wärme und Geborgenheit zu spenden. Chelsea kam es vor, als vergingen Stunden, in denen sie sich die Hände schüttelten. Ihre Wangen färbten sich leicht rosa, und verlegen schaute sie zu Boden. "Nunja..", begann sie leise, doch der Satz verfiel in einem leisen Nichts. Wäre dies ein Film gewesen, und hätte es eine Hintergrundmusik gegeben, wäre sie wohlmöglich ebenso fröhlich und verspielt gewesen, wie die des Vogels, der weit in der Ferne ein Liedchen zwitscherte.

Irgendwie hatte das hier etwas vertrautes, so als hätte er das schonmal erlebt in irgendeiner Art...sowas wie ein Deja Vu oder dergleichen. Sehr viel hatte Jordan noch nie gelächelt, aber jetzt tat er es, wenn auch eher spärlich, ein sanftes Lächeln war es. "Und...du wolltest in die Stadt? Da wollt ich auch grade hin...", sagte er zu ihr. Fast automatisch war er in die alte Gewohnheit gerutscht, er flirtete einfach zu gerne. Das war schon so gewesen als er noch zur Schule ging, er war zwar noch jung gewesen aber alle zerrissen sich damals schon das Maul über ihn. Gerüchten zufolge sollte er da schon unzählige Male jemanden abgeschleppt haben, aber das stimmte nicht mal annähernd. Erst eine hatte er abgeschleppt oder eher sie ihn. Er flirtete zwar immer gerne, aber im Grunde hatte er nie eine feste Bindung gehabt, und das fand er auch gut so. Er hatte nie viel von Verpflichtungen gehalten, egal welcher Art. Selbst eine feste Verabredung hatte er immer gemieden, er hatte lieber zwanglose Treffen, spontan, was sich so ergab. Wenn er irgendwo hin ging, dann nicht, weil es vorher so ausgemacht war, sondern weil er Lust dazu hatte. Und wenn er dort halt jemanden getroffen hatte, den er kannte, war alles cool.
"Wie wärs...wir könnten n Stück gehen...", setzte er hinzu.

"Da wollte ich hin, aber ich weiß nicht sorecht was mich dort erwartet", sagte sie wahrheitsgetreu. Zumindest für jetzt erwartete sie dort bestimmt nicht halb soviel wie hier. Mit ihrer linken Hand strich sie sich vorsichtig eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte verlegen "Ich finde es gerade eigentlich ganz schön hier", wieder lies sie ihren Blick von links anch rechts schweifen. Herruntergekommende Ruinen, war alles was sie erblicken konte. Bis ihr Blick auf eine Garage fiel, die sperrangelweit auf stand. Ein knallrotes Auto blitzte in der Sonne auf. "Ist das deins?", fragte sie Jordan ohne den Blick von dem Wagen zu wenden. Niemand hätte ein so guterhaltendes Auto in all diesen Trümmern stehen lassen, ohne zu wissen, dass ihm nichts passieren würde, und weit und breit war niemand anderes zu sehen außer Jordan. Sein Kleidungsstil war eher schlicht gehalten, vielleicht sogar praktisch, das Auto hingegen war alt, säuberlich lackiert, glänzend schön und edel. Vielleicht all diese Eigenschaften die Jordan innerlich besaß, aber das wusste das Mädchen mit den braunen Haaren nicht. Sie kannte ihn nicht, und konnte sich kein weiteres Urteil bilden. Sie konnte nur dieses schöne Auto begutachten, und sich über die Anwesendheit von diesem netten Jungen erfreuen.
Die Sonnenstrahlen kitzelten Chesea an der Nasenspitze, und sie erwiderte es mit einem strahlenden Lächeln, welches sie jetzt Jordan zuwarf.

Sein Blick folgte ihrem, und er grinste jetzt leicht. Das Tor stand noch offen. Er war unvorsichtig gewesen, gut, dass sie ihn daran erinnerte. Sie fand es also schön hier...nun, Jordan ging es ebenso, diese Abgeschiedenheit hatte was. Hier hatte er immer seine Ruhe, und kaum irgendein Irrer kam hierher, vor allem jetzt nicht mehr. Hoffentlich änderte sich das nicht wieder, er konnte die wirklich nicht gebrauchen, was immer sie auch wollten.
"Ja...ja, das ist meins. Hab ich restauriert...aber es is noch nich fertig", schwächte er ab. "Ich wollt...noch ne volle Autobatterie holen...und Benzin."
Er brauchte sicherlich nicht erklären, dass er genau deshalb in die Stadt wollte. Innerlich wägte er ab, was war besser? Mit ihr jetzt hier noch etwas abhängen oder die Autobatterie suchen? Dabei fiel ihm ein, was zu Essen wäre auch nicht schlecht. Er hatte zwar noch was, aber das würde nach der nächsten Mahlzeit alle sein schätzte er.
"Es sieht genauso aus wie das was ich mal hatte...früher, weißt du?", sagte er leicht verträumt. "War schon ziemlich cool...bin damit oft am Freitag ins 'Let's Bolt' gefahren...wenn da was los war."
Das 'Let's Bolt' war damals eine etwas verrufenere Jugendkneipe gewesen, in der zahlreiche Konzerte stattgefunden hatten und wo es auch die eine oder andere Schlägerei gegeben hatte. Jordan hatte sich aber aus Schlägereien heraus gehalten, er hasste Schlägereien...und Gewalt im Allgemeinen, obwohl man ihm das wohl nicht zutrauen würde. Aber er hatte ja auch seine Gründe dafür...

Chelsea war sichtlich begeistert, dass jemand aus alt neu machen kann, bewunderte sie. Andere hätten die alte Karre, Karre sein lassen, sie zurück gelassen, sie zu Schutt und Asche verbrand, Jordan nicht. "Wahnsinn", murmelte sie, und ihr Tonfall gab jede ihrer Begeisterung preis.
Als er ihr davon erzählte, auf der Suche nach Batterie zu sein, zügelte sie ihre Schübe etwas und wurde ein wenig ernster "Aber das würde doch ganz schön gefährlich werden, oder? Batterien sind doch eher Mangelware, auch in der Stadt, wer würde die schon freiwillig hergeben?" und unwillkürlich musste sie ebenfalls an früher denken, als die Tage noch Stunden hatten, und die Zeit eine gewisse Begrenzung vorzuweisen hatte. Heute hatte Zeit keine große Rolle mehr gespielt. Sie war da, aber stellte keine Hindernisse mehr dar. Früher wäre es der Kick gewesen, verbotenes zu tun. Ein Auto zu haben, obwohl man nicht einmal den Führerschein besessen hatte, somit gegen die Eltern und Lehrer rebellieren zu können. Heute durfte man alles, es gab kaum Regeln für etwas, und wenn würden sie nicht eingehalten werden. Dass jemand, der alles konnte, dem nichts mehr im Wege stand, sich derartig für ein Auto, welches nicht mehr großen nutzen hatte, begeistern konnte, begeisterte Chelsea. Sie griff nach Jordans hand und zog etwas an ihr. "Zeig es mir!", riss sie ihn aus seinen Gedanken.

Jordan musste leicht grinsen, als er sah, wie begeistert sie war. Dann wurde das Grinsen zu einem beinahe sanften Lächeln, und er schaute zu dem auto. "Ja...das Auto ist echt Wahnsinn...", sagte er beinahe liebevoll, aber immer noch auf eine etwas coole Art und Weise.
Dann dachte er über das nach, was sie sagte. Er hatte eigentlich gar nicht dran gedacht, dass das gefährlich war, er wollte einfach drauf los gehen und schauen ob er irgendwo eine Batterie fand. Ihre Aussage änderte seine Sicht in Bezug auf die Aktion dann schon ein wenig.
"Hmmm.....naja....keine Ahnung, ich...dachte nur ich bin gut im Klauen...weißt du", meinte er schmunzelnd. Und das stimmte, er konnte schon früher gut klauen. Ebenso hatte er eben Kontakte gehabt zu Leuten, die Ausweise fälschten und so weiter. Auch an Alkohol war er früher immer rangekommen.
Heute hatte das alles aber irgendwie keinen Reiz mehr, weil es keine Sau interessierte...er fand immer diese Bestürzung und Schockiertheit der ganzen Lehrer und teilweise sogar von anderen Schülern lustig.
Als sie dann plötzlich, ganz ohne Vorwarnung seine Hand nahm, war er so perplex, dass er nur auf seine und ihre Hand starrte für ein paar Sekunden. Dann realisierte er, was sie gesagt hatte. "Oh...klar...komm mit..", sagte er, wieder ganz cool und ging mit ihr zu seiner Garage.
"Ist geräumiger hier drin als es aussieht, was?", grinste er leicht. Und auch das stimmte. Außer dem Auto waren hier sogar ein paar Regale, sowie ein winziger Tisch und ein Stuhl. Desweiteren gab es einen Schrank, in dem er seine Lebensmittel aufbewahrte, aber der Hammer war die Kaffeemaschiene, die er irgendwie gefunden und zusammengeflickt hatte. Er hatte es geschafft, die mit Batterien zu betreiben, er hatte sogar Zucker und Filter. Kaffee natürlich auch, sonst hätte das keinen Sinn gemacht.
Jordan öffnete die Fahrertür und stieg ein. Von seinem Sitz aus langte er zum Griff der Beifahrertür und öffnete auch diese. "Steig ein..", forderte er sie auf.

Leichtfüßig und voller Vorfreude tapste Chelsea neben Jordan her, und schaute sich in der relativ großen, doch recht gut Ausgestattenen Garage um. Und auch das Auto glänzte und blitzte jetzt noch viel mehr, als noch von einigen Metern Entfernung "Nicht schlecht..", murmelte sie mit großen, neugierigen Augen. Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse, und blieb dann wie angewurzelt auf der selben Stelle wieder stehen und begutachtete Jordans Stolz. "Schläfst du auch hier?", fragte sie, nachdem sie sich auf den Beifahrersitz verfrachtet hatte. Die Sitze waren überraschenderweise ziemlich bequem und sie kuschelte sich tief in den Sitz hinein. Gesessen war sie ewig nicht mehr, viel zu schnell wollte sie den Weg, den sie bestreiten musste, hinter sich lassen. Erst jetzt merkte sie wieder den Schmerz in ihren Füßen, die sich nun vor Dankbarkeit bemerkbar machten. Immernoch strahlte das Mädchen über das ganze Gesicht und machte der Sonne konurrenz. Etwas in ihr wollte irgendetwas nützliches sagen, irgendein besonderes Thema beginnen, aber ihr fiel einfach nicht ein, was sie sagen könnte, denn Jordans Blick, der nur ihr galt, lag auf ihr, und aus irgendeinem Grund, waren ihre Gedanken eher unpraktischer Natur gewesen als dass sie der Situation jetzt irgendwie gut beitragen hätten können. Verträumt fuhr sie mit dem Finger die freie Ledermontur neben sich nach, und begutachtete alles ganz genau. Eine Spritztour mit offenem Verdeck, so wie sie es früher immer getan hatte, als ihr Vater und ihre Mutter noch lebten, und sie eines ihrer zahlreichen Ausflüge gemacht hatten, den Wind in ihrem langen Haar, während die Sonne in ihre Gesichter schien, für all das würde sie in diesen Moment fast alles geben. Aber sie hatte recht gehabt, die Stadt war zu gefährlich, um sich einfach eben so, eine Batterie zu klauen, auch wenn Jordan beteuerte soetwas gerne und gut zu können, ihr wäre nicht wohl dabei gewesen, wenn ihr neuer Bekannter sich solch einer Gefahr ausgesetzt hätte.

Nachdem Chelsea eingestiegen war, lehnte sich Jordan in seinem Sitz zurück und schloss für einen Moment die Augen. Dieses Gefühl war das allerbeste, hinterm Steuer dieses klasse Wagens zu sitzen. Das einzige, was ihn störte, war, dass kein Sprit im Tank war und die Batterie nicht aufgeladen war. Schließlich drehte er seinen Kopf zu Chelsea und lächelte leicht.
"Allein dafür hier zu sitzen hat sich das gelohnt...das Auto herzurichten..."
Er überlegte fieberhaft, wie er wohl die Batterie aufladen könnte...man bräuchte dafür sowas wie ein Starthilfekabel...das Problem war nur, er hatte zwar eins, aber dazu brauchte man ja auch ein anderes Auto mit aufgeladener Batterie. Und dann gab es noch die Sache mit dem Benzin, das gab es zwar bestimmt irgendwo, aber da müsste er sich auch wieder in Gefahr begeben...
"Irgendwann wird das Ding laufen...irgendwann...", murmelte er. Das hatte er sich fest vorgenommen!
Nun lehnte er seinen Kopf wieder zurück und schloss zufrieden die Augen. Dabei erinnerte er sich wieder daran, an diese Szene, und jetzt war er sich fast sicher, dass er Chelsea irgendwie kannte...
Also sah er wieder zu ihr herüber. "Sag mal...bist du früher auf die Wellington High gegangen...?"

Dieser Wunsch in seiner Stimme brachte das eigentlich eher schüchterne Mädchen zum nachdenken, sie kramte ganz weit hinten in ihrem Gedächnis, denn ihr Cousin, ein Autonarr, hatte ihr allerhand Wissenswertes über Autos beigebracht, immer wenn sie bei ihm gewesen ist. Damals, vor dem Virus. Rapsöl!!", stieg es ihr in den Sinn. Und sofort verlies der Gedanke auch ihren Mund "Rapsöl!", sagte sie begeistert und blickte Jordan mit großen Augen an "Ich habe mal gehört, man kann auch mit Rapsöl Autofahren, man braucht kein Bezin,... Und das mit der Batterie.. Das bekommen wir schon irgendwie hin.. " Sie freute sich innerlich sehr, dass ihr der Geistesblitz gekommen ist, denn sie hatte sich eigentlich nie für diese Infos interessiert, aber sie hatte es geliebt Zeit mit ihrem Cousin zu verbringen, also hatte es letztendlich doch etwas gutes gehabt. Ihre Freude wurde schlagartig gebremst, als Jordan sie nach ihrer Schule fragte, sie hatte schon lange nicht mehr wirklich an diesen Ort gedacht. Natürlich, fragte sie sich bei Zeiten was aus ihren Freunden von früher geworden ist, mit denen sie Tag täglich zu tun gehabt hatte. Sie nickte langsam "Ja war ich, wieso fragst du?" Irgendetwas lag in der Frage des Jungens, sie wusste aber nicht was, und um zwischen den Zeilen lesen zu können, kannte Chelsea ihn einfach noch nicht gut genug. Also musste sie mit dieser oberflächlichen Frage leben, bis sie eine Antwort seinerseits erhalten würde.

Im ersten Moment sah er Chelsea verwirrt und perplex an. Was war Rapsöl? Aber dann ging ihm das Licht auf...Raps war ne Pflanze, die baute man doch auf Feldern an...oder? Ja, richtig...
"Oh....ja...stimmt...", erwiderte er darauf und lächelte leicht. Er war trotzdem skeptisch, ob der schnurrende, nigelnagel neue Motor, der in dem Auto von ihm eingebaut worden war, und der für Benzin hergestellt worden war, so ein Öl vertrug. Aber sie konnten es ja mal ausprobieren...
"Das is ne gute Idee...wo kriegen wir denn Rapsöl her?" Er konnte sich nämlich nicht vorstellen irgendwo welches zu finden. Das musste ja seltener sein als Benzinkanister, oder? Wobei andererseits...wer brauchte sonst schon Pflanzenöl? Das werden doch die Leute aus den Supermärkten nicht mitgehen lassen haben...vielleicht ging das ja wirklich! Und wenn sie das mit der Batterie hinkriegen würden...sein Herz beschleunigte sich leicht bei der Vorstellung, dass er bald mit diesem Auto - und Chelsea auf dem Beifahrersitz - durch die Stadt fahren würde...oder raus aufs Land!
Nachdenklich lehnte er sich nun wieder zurück. Sie war also auf die Wellington High gegangen...er schätzte sie auf sein Alter, vielleicht ein, zwei Jahre jünger...das könnte echt hinkommen. "Ich bin auch auf die Wellington gegangen...mir war nur so als...würd ich dich kennen, weißt du...wie war dein Nachname?"
Während er das fragte, sah er sie an. Das interessierte ihn jetzt. Er wollte das jetzt wirklich wissen. Das wäre irgendwie verdammt cool...mehr als das. Er erinnerte sich grade an eine neue Szene.
Er war gerade mit seinen Kumpels beim Let's Bolt vorgefahren, da sah er aus der Entfernung die paar Mädchen, welche gerade von einem Polizisten in das Polizeiauto dirigiert worden. Der wollte sie wohl nach Hause fahren. Er erinnerte sich nund aran, wie er sich gefragt hatte, was sie wohl angestellt haben mochten. "Hey, die kenn ich..."; hatte er zu einem seiner Freunde gesagt und sogar ihren Namen gerufen, den er irgendwo her kannte. Aber da waren sie schon weggefahren in dem Polizeiauto.

Chelsea kicherte bei seiner Frage, wo man Rapsöl herbekäme, "Das kann man selber machen, Raps wächst in der Natur", gab sie ihm als Antwort, das war es doch, was sie so erfreute, dass es vielleicht einfacher für ihn gewesen wäre, seinen Wunsch, das Auto zum fahren zu bringen, einfacher wäre, als er es sich vorgestellt hatte. Sie lächelte ihm zu, ihn glücklich zu sehen, wäre sicher einiges kostbarer als jeder Geheimtip, aber in alten Büchern, irgendwo in der Stadtbücherei, hätte man sicher auch so einiges an Hilfreichem gefunden. Die nächste Frage kam für Chelsea doch etwas überraschend, nie hatte sie über ihren Nachnamen nachgedacht, sie hatte ihn einfach aus ihrem Leben gesperrt, für sie war sie einfach Chelsea Ray, der Nachname hatte keinen Hauch von Relevanz bei ihr eingenommen. "Johnson", sagte sie leise "Ich bin Chelsea Ray Johnson, wieso willst du das wissen", ihre Stimme klang neugierig und überrascht. "Wie alt bist du? Du kanntest sicher meinen Cousin, wenn ich dich nicht älter schätze als du bist", fügte sie hinzu, immernoch etwas irriert.
Sie schätzte den Jungen vor ihr auf keine 25, und ihr Cousin hätte jetzt um die 24 sein müssen, wenn es ihn überhaupt noch gäbe. Seine Familie war vor dem Virus in ein anderes Land ausgewandert, also unerreichbar für das Mädchen gewesen.

"Oh....in der Natur...cool!", sagte Jordan mit einem leichten Grinsen. Das hieß also sie mussten nur irgendwo so ein Feld finden und das Öl auspressen. Und wenn dann die Batterie lief, dann war es perfekt! Die rote Lady würde schnurren wie ein Kätzchen und würde ihn und Chelsea vielleicht auch, wenn sie mochte, auf die verdammt coolste Art und Weise durch die Straßen befördern. "Dann sollten wir wohl irgendein Feld suchen, wo das wächst...", setzte er noch hinzu.
Das Mädchen auf dem Beifahrersitz schien überrascht und sogar ein bisschen schockiert zu sein, dass er sie nach ihrem Familiennamen gefragt hatte. Schon bereute er seine Frage irgendwie. Hoffentlich war sie jetzt nicht irgendwie sauer auf ihn, wer wusste schon wie Mädchen so drauf waren? Etwas unsicher sah er sie an. "Naja...ich hab die Leute früher eher am Nachnamen erkannt...Johnson also...ja, ich kenn dich glaub ich...ich bin Jordan Catalano...und ich bin heute 21, also...naja, fast 22.", sagte er zu ihr, dabei lehnte er seinen Kopf wieder zurück, sah sie dabei aber an. "Dein Cousin...? Oh...ja, vielleicht...war das Shane?", fragte er zerstreut. Er versuchte verzweifelt, die Erinnerungen zu ordnen.
"Naja....", sagte er dann nachdem er durch geatmet hatte. "Ist ja auch vielleicht...nicht ganz so wichtig...was mal war...oder?" Er sah sie wieder an, mit so einem seltsamen Blick, der eine Mischung aus ganz leichter Unsicherheit, etwas schmachtend und flirtend - das schien sein natürlicher Gesichtsausdruck zu sein, wenn er ein Mädchen vor sich hatte - und Coolness.

Chelsea schüttelte benebelt den Kopf. Dann kannte er wohl nicht ihren Cousin, aber er schien sie zu kennen. Vielleicht hatte er auch das Gefühl wie sie hatte, als sie in seine Augen sah. Dass sie ihm irgendwie vertraut vorkamen. Dann lächelte sie "Richtig.. Die Vergangenheit sollte man hinter sich lassen, sonst wird man noch verrückt, und das wäre ziemlich schade!" Diesen Unterton in seiner Stimme mochte sie, sie wusste zwar nicht wie sie es hatte deuten sollen, da sie keinerlei Erfahrungen in so einem Gebiet gehabt hatte, aber sie mochte es. Überhaupt schien ihr diese ganze Situation zu gefallen, auch wenn sie nicht wusste wie sie in wann zu reagieren hatte. Sie war eigentlich immer recht offen gegenüber Fremden gewesen, aber bei dem Thema Jungs stand sie immer vor einer Sackgasse. Sie hatte keinerlei Erfahrungen gehabt, nie hatte sie es in der Schulzeit erlebt, viel zu jung war sie gewesen, und in dieser Welt in der sie jetzt lebten, hieß es entweder, Herzschmerz, schnelle Abenteuer, oder sonst etwas. Die Norm, die man in der geregelten Gesellschaft hätte erlebt, die gab es schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Seit fast 7 Jahren, wenn man es genau nahm. Immernoch fühlte sich Chelsea wie das sorglose Kind, was sie einst war, aber sie wurde gezwungen so schnell Erwachsen zu werden, dass ihr gar keine Zeit blieb, das zu tun, was man tat, wenn man Erwachsen wird, neues kennenzulernen, sich weiterzuentwickeln. Die Prioritäten standen woanders, alles andere musste wohl oder übel zurück gestellt werden, bis zu dem Zeitpunkt, wo man ins kalte Wasser gestoßen wird - Momente wie diese. "Und..", begann sie ihre Frage "was hast du vor, wenn das Schätzchen hier fährt? Willst du dann weg?", etwas bedauerliches lies man aus dem Satz vernehmen.

"Ja...", stimmte er ihr zu. "So verrückt wie diese ganzen...Freaks, die andere fertig machen..."
Und damit hatte Jordan noch nie etwas am Hut gehabt. Immer hatte er sich gefragt, was die wohl davon hatten, wieso sie andere unterdrückten oder ihnen weh taten, sie verprügelten oder gefangen hielten. Die Zeit, in der er selber ein Gefangener war, bei den Technos, hatte er nicht das Geringste darüber erfahren, was die eigentlich wollten. Wozu hatten sie ihn gefangen gehalten? Er hatte niemandem irgendwas getan, er wollte nur seine Ruhe, in Frieden leben. Nun, auch das war ja jetzt vorbei, und jetzt hatte er sein Auto. Nachdenklich sah er an die Decke, während er sich wieder zurücklehnte. Ja, er kannte sie, er war sich nun wirklich sicher. Er konnte zwar nicht lesen und nicht gut reden, aber er war ja nicht dumm. Jetzt erinnerte er sich ganz deutlich an sie, ja, sie musste es sein. Ein leichtes Lächeln trat auf seine Lippen, und er sah sie an. Dann stellte sie diese Frage, und sein Blick wurde leicht verwundert. Wie kam sie denn darauf, dass er weg wollte? Jordan schüttelte leicht den Kopf.
"Quatsch...ich will doch nicht weg...mir gefällt es doch hier...genau hier. In dieser Garage...in meinem Auto..." Jetzt lächelte er wieder und sah ihr in die Augen. Ja, diese Augen, die hatten ihn damals ein paar Mal getroffen. Er war ziemlich verwirrt gewesen über diese Augenblicke, und so war er auch jetzt wieder. Ihm war, als hätte sie irgendwie...eine gewisse Macht über ihn oder sowas. Er beugte sich leicht rüber, so als wolle er ihr etwas ins Ohr flüstern, aber er langte nur zum Handschubfach und holte etwas heraus: Kekse. "Die sollten eigentlich für Unterwegs sein...wenn ich mit dem Auto fahre, aber da das noch nicht geht...Frühstück?"
Jetzt grinste er leicht, sah sie immernoch an. Im ersten Moment dachte er daran, auf plumpe Art und Weise sie einfach zu küssen, aber das vergaß er schnell wieder. Irgendwie ahnte er dass das falsch sein könnte.

Jordan kam ihr gefährlich nahe, ihr Herz übersprang mehrere kleine Schläge, ehe er sie angrinste und ihr einen Keks hinhielt. Es dauerte einen Moment, ehe sich ihr innerliches wieder etwas beruhigte, dann antwortete sie strahlend "Danke, gerne!! Ich verhungere".. und das stimmte auch, sie hatte seit gefühlten Ewigkeiten nichts anständiges mehr im Magen gehabt, und sie freute sich über jede Möglichkeit, in der sich dies änderte.. Außerdem freute Chelsea sich, dass er nicht vorhatte einfach so wieder aus ihrem Leben zu verschwinden, denn das hätte sie bei weitem nicht so leicht weggesteckt, auch wenn sie von Natur aus eher ein fröhlicher als ein trauriger Mensch war. Sie griff nach dem Keks und biss ein Stück ab, es schmeckte wie der Himmel, und sie schloss genussvoll die Augen. Dann öffnete sie diese wieder und hielt ihm den Keks strahlend wieder hin "Du auch?", fragte sie lächelnd, sie liebte es zu teilen, es gab nichts schöneres, als positives, unerwartendes zu tun, welches andere Menschen aus der Fassung brachte. Sie liebte es, glückliche Menschen um sich zu haben, vorallem, wenn sie damit etwas zu tun hatte.

Irgendwie merkte Jordan, dass er sie damit aus der Fassung brachte, und irgendwie gefiel ihm das. Es war wie früher...die Mädchen standen auf ihn, auch wenn er selbst nicht mal so richtig verstand, woran das lag. Es gab doch genug Typen, die besser alssahen als er, und vor allem waren die auch klüger. Jordan war nicht dumm, aber er wusste auch, dass er die Intelligenz nicht mit Löffeln gefressen hatte, zumindest würde er nie irgendwelche wissenschaftlichen Abhandlungen schreiben. Und dann dieses Strahlen. Jordan war früher eigentlich immer der absolut nüchterne Typ gewesen, der nur dann etwas sagte und nur dann lächelte oder lachte, wenn es wirklich einen großen Grund dafür gab. Aber dieses Strahlen von diesem Mädchen, das gefiel ihm so sehr, dass er auch lächelte. So dankbar war ihm noch niemand gewesen, Jordan konnte sich sogar überhaupt nicht dran erinnern, dass jemals jemand das Wort 'danke' in Bezug auf ihn ausgesprochen hatte. "Keine Ursache...", antwortete er äußerlich ganz cool und lächelnd. Er betrachtete sie, als sie in den Keks biss und war positiv überrascht, als sie ihm plötzlich den Keks hinhielt. Er grinste leicht, sah sie an. "Sehr gern....", kommentierte er und biss vom dem Keks ab, während sie ihn noch in der Hand hielt. Dabei sah er lächelnd in ihr Gesicht. Ja, er hatte es noch drauf, und das gab ihm ein Gefühl großer Überlegenheit gegenüber seiner oftmals eintretenden leichten Melancholie, die er schonf rüher vor dem Virus hatte, und die immer dann auftrat, wenn ein Tag verging, der so absolut sinnlos gewesen war. Als er heruntergeschluckt hatte, lächelte er sie noch immer an. Was für ein Rekord für ihn! Wenn er so weitermachte, dann musste er noch Maulsperre bekommen, dachte er amüsiert. Mit leiser sanfter Stimme wollte er noch was sagen, aber irgendwie wollte ihm nicht einfallen, was...alles was ihm in den Sinn kam, das kam ihm idiotisch vor irgendwie, und er wollte nicht idiotisch erscheinen. Sie würde ja sowieso schon früh genug mitkriegen, dass er nicht wirklich...klug war. Ja, er hielt sich für dumm, weil er nicht gut lesen und schreiben konnte.
Dann fiel ihm doch etwas ein, was er sagen konnte. "Du teilst...sehr gerne, hm?" Er lächelte noch immer, aber irgendwie kamen die Worte, nachdem er sie ausgesprochen hatte, nicht mehr so genial vor. Genial daran war nur die Art WIE er es sagte. Dieser typische leicht schmachtende, sanfte und doch coole Klang seiner Stimme.

Chelsea beobachtete jede Handlung die von Jordan ausging, sein Lächeln, wie er von dem Keks abbiss, der widerstand gegen ihre Hand. All das, war irgendwie Neuland, und sowas hatte sie bis dato nicht erlebt gehabt. Das waren alles kleine Dinge, für andere Menschen vielleicht unbedeutend, so nicht für Chelsea - die von ihrem Vater immer liebevoll Chelly, genannt wurde. Damals, als sie klein war, und alles in ihren Gedanken war rein gewesen, da hätte sie solche Situationen vielleicht als harmlos eingestuft, für selbstverständlich, aber heute war es anders. Bedeutender. Sie nickte auf Jordans Frage hin und fuhr sich mit der freien Hand durch die Haare, nicht um sie zu bendigen, denn ihre locken vielen ihr immernoch geschmeidig über die Schulter, es war eher eine Handlung der Selbstberuhigung, sie wollte ihre Nervosität runterschrauben. Denn sie war nervös. ziemlich sogar. Aber sie mochte es, und hatte überhaupt nichts dagegen einzuwenden. "Ich liebe es sogar", fügte sie dem Nicken bei, und lächelte ihn auf ihre strahlende Art und Weise zurück an. "Das ist doch das Größte, und beste was man in so einer Welt machen kann. " und irgendwie stimmte sie dieser Satz etwas nachdenklich, denn das war leider die Wahrheit gewesen, das was sie früher für Selbstverständlich hielt, war für Menschen offenbar etwas sonderbares.