Kleine Lichtung mit Bächlein

Einstiegspost

Leise plätscherte der Bach vor sich hin und die Vögel fingen an zu zwitschern, als sich Cyrus aus seinem Tipi-ähnlichen Unterschlupf begab.
Er ließ den Blick über die Lichtung schweifen und genoss die ersten Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht...zumindest versuchte er es zu genießen.

Sie hätte es damals gemocht....hier hätten wir Alt werden können...aber es sollte nicht sein.

Mit einem Seufzen wandte er den Blick ab und schaute auf die rauchenden Reste seines Feuers. Cyrus sprach leise zu sich selbst.

"Und wieder ist eine Nacht vorüber, ich wünschte nur, ich könnte erholsam schlafen."

Er bückte sich, fischte einige der warmen, verkohlten Holzstücke zusammen. Den sengenden Schmerz ignorierend zerdrückte er die Stückchen, so das ein feiner Staub entstand. Anschließend förderte er einen kleinen Behälter aus einer seiner vielen kleinen Gürteltaschen hervor und lies den Staub hinein rieseln. Anschließend verschloss er den Behälter und steckte ihn an seinen angestammten Platz.
Cyrus klatschte ein paar mal mit den Händen zusammen und sprang plötzlich auf. Er schloss die Augen, und begann langsame, gleichmäßige Bewegungen auszuführen, während er tief ein und ausatmend sowohl Ruhe als auch die Kraft der Natur in sich aufnahm.

First Post

Sarina befand sich im Wald. Versteckt hatte sie sich, vor den Technos sowie vor ihren Gefühlen. Sie hatte gehofft, sie könnte ihr altes Leben wieder aufnehmen, das Leben, bevor sie Eagle kennenlernte und auch bevor sie erlebte, dass Menschen einander auch helfen konnten.So dass sie glauben konnte, niemanden zu brauchen und gut alleine zurecht zu kommen. Aber irgendwie konnte sie diese Erfahrungen ihres Lebens genauso wenig vergessen wie manch andere...

Ich wünschte, ich wüsste wo sie sind. Hoffentlich geht es Ihnen gut, hoffentlich kommen sie klar.

Sie stapfte weiter durch den Wald, auf der Suche nach Überlebenszeichen, nach Menschen, die ihr vielleicht bei der Suche nach ihren wenigen Vertrauten weiterhelfen konnten. Nicht allzu weit weg hörte Sarina einen Bach plätschern. "Na Gott sei Dank - meine Wasservorräte wären schon bald zur Neige gegangen...!", seufzte sie erleichtert. Sie setzte ihren Weg in Richtung des Geräusches fort, beschwingter diesmal, nahezu fröhlich. Als sie sich ihren Weg durch das immer lichter werdende Unterholz bahnte, bemerkte sie, wie ihre Umgebung immer heller wurde. Sonnenstrahlen fanden ihren Weg zum Boden des Waldes. Sie blieb stehen und richtete ihren Blick der Sonne entgegen.
Tut das gut...
Sie atmete tief ein und versuchte, das friedliche Zwitschern der Vögel in ihre Memoiren einzubrennen, als... Was?! ... Ist das nicht Rauch? Erschrocken riss sie die Augen auf und blickte suchend umher. Nicht weit bemerkte sie die Überreste eines rauchenden Feuers und einen Tipi-ähnlichen Unterschlupf. Leise schlich sie sich näher. Da, hinter Unterschlupf und schwelenden Feuerresten, da ist der Bach. Aber ist da nicht auch ein Mann?
In der Tat, ein Fremder, mitten in 'ihrem' Wald. Der erste Mensch, dem sie seit ein paar Tagen - wenn nicht schon Wochen - begegnete. Er stand dort, auf der Lichtung, auf der auch sein Unterschlupf aufgebaut war und auf der auch die Reste des Feuers schwelten. Wer er wohl ist?, fragte sich Sarina. Fasziniert betrachtete sie die Art von Dehnübungen, die er seelenruhig auf der Lichtung vollführte. So, wie er das macht, erinnert er mich fast ein wenig an Vater..

Energisch schüttelte sie die Erinnerung ab. Dafür war jetzt der falsche Zeitpunkt. Sie konnte nicht ewig versteckt hinter ein paar Zweigen stehen. Irgendwann würde er sie bemerken - und wenn er sich nur umdrehte. Also wischte sie entschlossen die Zweige auf die Seite und ging leise aber schnell auf ihn zu. Ihre Vorsicht zwang sie allerdings, noch in seinem Rücken halt zu machen - so konnte er sie nicht sofort entdecken.

"Wer bist du?!", sprach sie ihn fordernd an - ohne sich groß die Mühe zu machen, sich zuvor bemerkbar zu machen. Wenn er ihr feindlich gesonnen war, dann hätte sie immer noch den Vorteil, dass er sich zu ihr umwenden musste - so konnte sie notfalls zu einem ihrer beiden Messer greifen, die sie für die Verwertung ihrer Beutetiere verwendete, bevor er sie erreichen konnte. Und wenn nicht, ... nun, dann konnte sie sich ja auch später noch vorstellen.

Cyrus war tief in seine Meditation vertieft als es ihm schien, als ob sich etwas in seiner Umgebung änderte. Er entschied sich, das Gefühl zu ignorieren als plötzlich eine Stimme hinter seinem Rücken nach seinem Namen fragte. Da er keine Gefahr für ihn aus der Stimme entnahm, konzentrierte er sich auf die letzten Bewegungsabläufe seiner Meditation. Mit geschlossene Augen und ruhiger, entspannter Stimme antwortete Cyrus.

"Man nennt mich Bison."

Er verlor kein weiteres Wort, beendete seine Meditation in dem er langsam seine Arme nach unten sacken ließ und in die Knie ging. Cyrus würdigte bewusst der weiblichen Stimme keinen Blick, lies seine Augen geschlossen als er in einer flüssigen Bewegung eine ein-einhalbe Rolle vorwärts machte und begann, Liegestütze zu stemmen.

"Man nennt mich Bison."
Völlig verblüft wiederholte Sarina seine Antwort mehrmals im Geiste.

Bison ...? BISON? Will er mir wirklich glauben machen, dass DAS sein Name ist? Und warum genau besitzt dieser Kerl die Frechheit, sich nicht mal ansatzweise umzudrehen? Gut, ich war jetzt auch nicht wirklich höflich ... aber ... das??

Um ihre Fassung ringend hatte sie den Kerl weiterhin angestarrt, unfähig zu einer Antwort. Dieser hatte ungerührt mit seinem Fintnessprogramm weitergemacht. Fasziniert beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln, als er in den Liegestütz ging. Sarina, scholt sie sich, das kann doch jetzt nicht sein. Hör auf damit, es ist weder deiner würdig noch höflich! Jetzt, wo klar ist, dass Bison dir vorerst nichts Böses will, kannst du ja erledigen wofür du hergekommen bist. Reiß dich los und füll deine Wasservorräte auf!

Mit einem leicht verärgerten Schütteln setzte sie sich dann auch in Bewegung Richtung Wasser. Erhobenen Kopfes schritt sie flott an ihm vorbei und versuchte, ihn nicht zu beachten. Auch wenn sie sich den Blick aus den Augenwinkeln nicht ganz verbieten konnte. Er wirkte sehr verschlossen und in sich gekehrt. Aber wer ist das nicht in solchen Zeiten? Sie kniete sich nieder und holte ihre wenigen Wasserflaschen aus ihrem Rucksack, um sie im Bach aufzufüllen. Das Wasser floss klar und erfrischend in die Flaschen und über ihre Hand. Zu gerne hätte sie sich in das Wasser gelegt und sich zur Abwechslung mal wieder richtig entspannt. Vielleich hätte sie das auch getan - wäre nicht der Fremde. ...der Fremde... Was hat ihn nur hierhergeführt?, fragte sich Sarina.

Sie fasste einen Entschluss, sie wusste zwar nicht wohin er sie bringen würde, aber dass es damit begann, dass sie sich ihm ebenfalls vorstellte, das konnte sie sagen. Hier fasst niemand zu jemandem Vertrauen oder schließt Freundschaften, wenn er nicht wenigstens etwas über den anderen weiß. Also stand sie auf, verpackte sorgfältig ihre Flaschen wieder im Rucksack, schulterte diesen und marschierte zu Bison. Da er immer noch mit seinen Liegestützen beschäftigt war, blieb sie notgedrungen schräg vor ihm stehen und sah auf ihn herab.
"Ich bin Sarina. Hast du schon gefrühstückt?", sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen, obwohl sie wusste dass es wohl schon ein ziemlich seltsames Bild abgeben musste, wie sie da stand und die Hand leicht schräg nach unten hielt und auf seine Reaktion wartete.

Vollkommen in seine Übungen vertieft und mit geschlossenen Augen bekam Cyrus nicht mit, was die Fremde in seiner Nähe tat.

"Ich bin Sarina. Hast du schon gefrühstückt?"

Cyrus hielt in seinen Liegestützen inne, öffnete die Augen und schaute zum ersten Mal die junge Frau an. Sie stand schräg neben ihn und somit sah er erst nur ihre etwas verschlissene Schuhe, langsam schaute er nach oben und erblickte eine hübsche Frau.

Früher hätte ich mich wahrscheinlich in sie verliebt, aber jetzt habe ich keine Liebe mehr

Er bemerkte, dass sie ihm ihre Hand entgegen hielt. Vorsichtig hob er seine rechte Hand vom Boden, den Liegestütz nur noch mit der Linken haltend. Cyrus ergriff sanft ihre Hand und antwortet, obwohl ihm die Anstrengung anzusehen und anzuhören war, freundlich.

"Guten Morgen Sarina, freut mich, dich kennen zu lernen. Nein, ich habe noch nicht gefrühstückt."

Er lies Sarina's Hand wieder los, drückte seine rechte Hand gegen seine Brust und vollführte eine Aikidorolle, um so, mit Sarina im Rücken, in eine entspannte, sitzende Haltung zu kommen. Ihm war von der Anstrengung durch die Liegestütze, bis auf seinen verschwitzten Oberkörper, nichts mehr anzumerken. Das Tattoo auf seinem Rücken glänzte in der aufgehenden Sonne.

"Und bevor ich frühstücke, benötige ich eine Abkühlung."

Ruhig stand Cyrus auf, und fing an, sich der jungen Frau durchaus bewusst, seine lange, selbst geschneiderte Lederhose auf zumachen.

Als er ihr bei seiner Antwort in die Augen blickte, bemerkte sie Trauer und Schmerz, doch er antwortete ihr freundlich. "Guten Morgen Sarina, freut mich, dich kennen zu lernen. Nein, ich habe noch nicht gefrühstückt."
Schön, dann könnte ich meine restlichen Früchte und ein paar der Karotten auspacken. Vielleicht schwimmen im Bach auch noch frische Fische - die wären ein Festmahl.. Noch während sie überlegte, was alles noch für ein schmackhaftes Frühstück nötig wäre, wurde sie durch Bison abgelenkt: Er saß jetzt mit dem Rücken zu ihr - ein über zwei Kaninchen kreisender Falke zierte seine rechte Schulter. Fasziniert betrachtete sie die Zeichnung genauer: sie konnte nahezu jede Feder erkennen und die Angst in den Augen der Kaninchen schon riechen, in schwarz erzählte die Tattowierung eine Geschichte, die Sarina gänzlich unbekannt war. Ob die Geschichte so schwarz ist wie das Tattoo? Oder so fein und selten wie die Zeichnung? Vermutlich werde ich es nie erfahren...
Bison riss sie unvermittelt aus ihren Überlegungen, als er mit den Worten "Und bevor ich frühstücke, benötige ich eine Abkühlung." aufstand und Anstalten machte, sich vor ihren Augen die Hose auszuziehen. Es durchfuhr sie heiß und kalt. Zugegeben, er sah nicht schlecht aus, doch Sarina hatte noch nie viel auf Äußerlichkeiten gegeben - zu oft hatte sie erlebt, wie der Charakter dann unangenehme Züge mit sich brachte. Manch eine Frau hätte sich vielleicht angezogen oder geschmeichelt gefühlt. Doch Sarina wandte entsetzt ihr Gesicht ab, sie hatte noch nie recht verstehen können, was die anderen Mädchen in der Schule an Jungs so interessant fanden, dass sie jedesmal ein Kreischkonzert von sich gaben, sobald sie einen erblickten. Das war der Moment, in dem Sarina immer die Augen verdreht hatte und schleunigst verschwunden war. Auch jetzt war ihr Drang zu verschwinden wieder groß, doch diesmal gab es kein untertauchen, sie war hier allein, und wenn sie jetzt ginge, dann blieb sie es vermutlich auch.
"Solltest du vorhaben dich vor mir zu entkleiden", erwiderte sie ihm kühl und bestimmt,"dann sieh zu, dass du das dort erledigst, wo ich dich nicht zu Gesicht bekomme." Sie merkte, dass die Antwort auch um einiges kühler ankommen konnte als sie ursprünglich beabsichtigt hatte. Sie hatte nur einfach kein wirkliches Interesse an solcherlei Dingen. Natüzlich hatte sie sich oft gefragt, wie es wohl wär, einen Partner zu haben, aber da es bisher nie soweit gekommen war, hatte sie nie sonderlich lange darüber nachgedacht und es auf den Zeitpunkt verschoben, an dem es soweit wäre. Also setzt sie fast beschwichtigend hinterher:
"Während du dich dann erfrischst, kann ich mal sehen ob ich dein Feuerchen hier wieder in Gang bringe - solltest du mit frischem Fisch zurück kommen, können wir in Kombination mit ein paar Früchten und Karotten aus meinem Rucksack dann richtig gut frühstücken. Was meinst du?"

Verdutzt hörte er ihre kühle Reaktion als sie annahm, dass er sich vor ihr entblößen wolle. Bevor er etwas sagen konnte, fuhr sie fort und fragte ihn wegen des Frühstücks. Cyrus lies seine Hose fallen und enthüllte einen Lendenschurz, der mehr verhüllte als man im ersten Moment vermutet hätte. Er drehte sich zu ihr um und bemerkte, wie sie ihren Blick abwandte. Mit einer freundlichen Wärme in der Stimme, dennoch ohne zu Lächeln, antwortete er.

"Ähm...es ist nicht meine Art, mich vor fremden Personen zu entblößen. Du brauchst also den Blick nicht abzuwenden."

Cyrus verstummte, betrachtete Sarina näher, analysierte ihre Haltung, ihre Reaktion und kam zu dem Schluss, dass ihr die Situation mehr als unangenehm war. Ihm fiel auch auf, dass sie sehr angespannt war.

Vermutlich ist sie seit einiger Zeit unterwegs, sie wirkt auch etwas erschöpft, auch wenn es ihr im Moment vielleicht nicht bewusst ist. Oder ich täusche mich.

"Ich sehe, dass ich dich in Verlegenheit gebracht habe. Es tut mir Leid. Es ist nicht meine Absicht gewesen. Und..."

Er hielt kurz inne, unsicher, ob er einfach weiter sprechen sollte.

"...ohne dir nahe treten zu wollen, oder gar irgendetwas....anzudeuten...zu erwarten...."

Nach Worten ringend ließ er sein Blick in Verlegenheit senken.

"Ich glaube, du kannst noch eher eine Erfrischung gebrauchen als ich."

Cyrus bückte sich, hob seine Hose auf und begab sich zur Feuerstelle vor seinem Unterschlupf. Er griff in das Zelt hinein, legte seine Hose ab und förderte eine Ledertasche, über der ein Bogen gespannt war, zu Tage. Ruhig und entspannt setzte er sich vor den Eingang, mit dem Gesicht zum Feuer, den Blick etwas auf Sarina gerichtet. Cyrus entnahm der Tasche etwas Reisig, griff blind hinter sich, wo noch ein kleiner Stapel Feuerholz lag, und begann, das Feuer neu zu entfachen.

Verblüfft bemerkte sie, dass sie die Situation wohl doch etwas falsch eingeschätzt hatte. Er wollte seine Hüllen gar nicht vor mir fallen lassen.. Ihre Anspannung wich, eine Welle der Erleichterung durströmte sie. Fast hätte sie zu lächeln begonnen, doch dann fuhr Bison fort: "Ich sehe, dass ich dich in Verlegenheit gebracht habe. Es tut mir Leid. Es ist nicht meine Absicht gewesen." Verwundert registrierte sie seine Entschuldigung.
Ich kann mich nicht erinnern, wann sich das letzte Mal jemand für etwas entschuldigt hat..

Bison unterbrach ihren Gedanken, als er damit fortfuhr, dass sie eine Erfrischung möglicherweise dringender nötig hatte als er. Empört schnappte sie nach Luft.
Was...?! Er meint, ich...?!
Doch dann sah sie an sich herab: Die Boots waren voller Staub und Matsch, ihrer Hose sah man die Umgebung der letzten Tage an, und auch Obergewand und Mantel waren von Staub bedeckt.
Was für ein schönes Bild ich doch abgeben muss - meine Klamotten sehen wirklich schlimm aus. Eigentlich keine schlechte Idee, eventuell kann ich sie sogar wieder einigermaßen sauber kriegen.
Ihre Empörung und ihr anfänglicher Zorn verpufften schlagartig. "Vielleicht hast du Recht.", sagte sie nur, und ging mit Sack und Pack zum Bach.

Sie suchte sich eine schwer ersichtliche Stelle und stellte dort ihren Rucksack ab. Hm... Ich habe keine Wechselkleider, aber frisch gebadet in dreckige Klamotten schlüpfen kommt nicht in Frage! Mal sehen... Sie knotete das am Rucksack befestigte Fell auf und wickelte sich prüfend darin ein. "Passt!", murmelte sie.
Also legte sie das Fell neben dem Rucksack ab und entkleidete sich. Anschließend befreite sie ihre Sachen so gut es ging im Bach vom Dreck und legte sie sorgfältig zum Trocknen am Ufer und auf dem aus dem Wasser herausstehenden kleinen Felsen ab.
Dann wusch sie sich grundlich den Staub vom Leib und genoss das Gefühl, noch ein wenig im Wasser zu bleiben. "So könnte ich es ewig aushalten..", seufzte sie. Sie hörte den Vögeln eine Weile zu und verlor sich in ihren Gedanken.

Dieser Bison scheint genauso in sich zurückgezogen zu sein wie ich. Lustig, dass es mich vorher immer gestört hat, wenn andere so viel von sich heraus geplappert haben. Und jetzt, da würde ich auf irgendeine Art und Weise plötzlich mehr von jemandem wissen wollen... Aber wenigstens sagt er frei, was er denkt! Schmunzelnd dachte sie daran zurück, als er nach Worten gesucht hatte, um ihr mitzuteilen, dass vielleicht besser sie vor dem Frühstück zum Bach ging.

Als sie dann doch befürchtete, schon zu lange im Wasser zu sein, ging sie wieder hinaus und schüttelte sich das Wasser aus ihren realtiv kurzen, braunen Haaren. Sie griff prüfend nach ihren Kleidern. Nur noch feucht, ich war wohl wirklich lange im Wasser.. Erschrocken zog sie die fast trockenen Sachen wieder an und knotete das Fell wieder am Rucksack fest. Schon als sie sich wieder Richtung Lichtung gewandt hatte, fielen ihr die Fische wieder ein. "Shit, jetzt habe ich die Fische völlig vergessen!", fluchte sie und drehte sich nochmal um. Doch selbst wenn in diesem Bach Fische gewesen wären, hätten diese wohl schon längst Reißaus genommen, als sie so unachtsam ihre Kleider im Wasser gesäubert hatte. Das war auch ihr kar.
Dann müssen wohl doch noch die Sachen aus dem Rucksack herhalten, auch wenn ich keine sonderlich große Lust auf Dörrfleisch mit Früchten und Karrotten habe... Was er wohl in der Zwischenzeit so getrieben hat?
Seufzend ging sie zurück zu Bison, in der Hoffnung, dass er vielleicht etwas schmackhafteres hatte und bereit war, mit ihr zu teilen.

Während er das Feuer neu entfachte, beobachtete Cyrus, wie Sarina sich entfernte und eine einsame Stelle vom Bach suchte. Als sie seines Blickes entschwand, konzentrierte er sich auf's Feuer.

Eine interessante junge Frau. Sie scheint es nicht gewohnt zu sein, freundlich behandelt zu werden. Was ihr wohl widerfahren ist? Sie sah auch recht hungrig aus, ich glaube, ich gönne ihr etwas gutes als Frühstück und vielleicht kann ich ihr noch etwas für ihre Kleidung tun. So abgenutzt wie die aussieht, wundert es mich, dass sie noch nicht auseinander fallen.

Das Feuer brannte wieder kräftig. Cyrus stand auf, holte einen alten Kessel hervor und stellte ihn auf die Feuerstelle. Anschließend goss er eine Brühe aus einem seiner vielen Behälter hinein, fügte verschiedene Kräuter hinzu. Während die Brühe anfing zu kochen, holte er aus einem Versteck in seinem Unterschlupf ein enthäutetes Kaninchen hervor und bereitete es für die Brühe vor.

Er kostete die Brühe und sprach zu sich selbst.

"Ja, ganz annehmbar."

Cyrus warf das Kaninchen, sowie ein paar Kartoffeln und anderes Gemüse, in den Kessel, setzte diesen etwas höher über das Feuer und verschwand erneut in seinem Zelt. Er kam mit einem größeren Fellstück sowie etwas Werkzeug und Sehnen wieder hervor.
Regelmäßig das Essen prüfend, begann Cyrus aus dem Fell ein Kleidungsstück zu fertigen. Kurz bevor er es vollenden konnte, hörte er leise Schritte.

Sie scheint wieder zurück zu kommen und so wie die Sonne steht, hat sie die Zeit auch gut genutzt um etwas zu entspannen.

Vorsichtig legte er seine Arbeit zur Seite, holte einige Holzbrettchen sowie ein Stück selbst gebackenes Brot hervor und wartete Gedanken versunken auf Sarina's Rückkehr.

Schon als sie den Unterschlupf noch nicht sehen konnte, roch sie den verführerischen Duft, den ihr der Wind entgegenbrachte.
Oh, was ist das?
Tief zog sie die Luft in ihre Lungen.
Das riecht ja wie .. wie eine Gemüsebrühe vermischt mit..Fleisch?
Allein bei dem Gedanken an ein solches Festmahl zog sich ihr Magen vor Hunger zusammen. Hatte Bison in der Zwischenzeit etwas gekocht? Ohne es zu merken beschleunigte sie ihre Schritte, neugierig darauf was sie wohl erwarten würde. Als der Unterschlupf und die Feuerstelle in Sicht kam, sah sie einen Kessel fröhlich vor sich hin dampfend. Seinen Inhalt hatte sie ja bis fast zum Bach riechen können. Bison saß vor dem Unterschlupf, er hatte ein Fellstück und Brettchen aus Holz mit Brot darauf neben sich. Er schien völlig in Gedanken versunken, doch sie war sich sicher, dass er sie bereits bemerkt hatte. Immerhin hatte sie ja keine Mühe darauf verwandt, sich leise fortzubewegen.

Völlig entspannt von dem erfrischenden Bad im Bächlein und mit sauberen Klamotten spazierte sie zu Bison.

"Da wär ich wieder, leider habe ich wohl alle Fische verjagt - aber wie ich sehe, hast du ein wahres Meisterstück vollbracht: Das Essen konnte ich schon von Weitem riechen."

Sie legte ihren Rucksack ab und ließ sich neben ihm nieder. Ihre Haare waren noch nicht ganz trocken und standen leicht wuschelig in alle Richtungen ab, aber den Rest würde Mutter Natur schon richten. Wohlig streckte sie die langen Beine aus und genoss die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.

Verstohlen betrachtete sie ihn von der Seite. Er trug einen Bart, und auf der einen Gesichtshälte verlief eine Narbe. Wo er die wohl her hat? Er sieht nicht so aus als könnte man ihn leicht überwältigen... Auch der Anblick seiner Tatowierung kam ihr wieder in Erinnerung. Der Falke über den beiden Kaninchen... Sie hoffte, den Kopf rechtzeitig zu ihm gedreht zu haben, bevor er merken konnte, dass sie ihn von der Seite betrachtet hatte und lächelte ihn verschmitzt an.

"Das mit der Erfrischung war eine hervorragende Idee. Es hat mir sehr gut getan. Wenn das Essen noch eine Weile brauchen sollte, kann ich ja jetzt die Stellung halten und du kannst auch noch ins Wasser hüpfen. Was hast du da in deinem Kessel eigentlich gezaubert?"

Cyrus reagierte nicht, als Sarina zurückkehrte und über verjagte Fische sprach sowie ihn vorab zu seiner Kochkunst lobte. Er bermerkte ebenfalls nicht, dass sie ihn interessiert beobachtete. Erst ihre Festellung, dass die Idee mit der Erfrischung eine sehr Gute war und ihre Frage, was er gekochte hatte, riss ihn aus seinem Tagtraum.

Er richtete sein Blick auf sie, sah wie sie entspannt mit ausgestreckten Beinen vor ihm saß und wie sie die Sonne genoss. Ihm gefiel der Anblick, wie die Sonnenstrahlen auf ihre Haut strahlten und wie das Licht in ihren Haaren spielte.

Xea...

Mit traurigem Gesicht und einem Kloß im Hals versuchte er zu Antworten. Ihm entfuhr zu erst nur ein leises krächzen. Cyrus räusperte sich.

"Willkommen zurück. Ich sehe, dass dir das Bad gut getan hat. Im Kessel habe ich nichts weltbewegendes gekocht."

Er zuckte mit den Achseln und holte das Kaninchen aus dem Kessel. Cyrus begann das Fleisch vom Knochen zu trennen und gleichmäßig auf zwei Holzbrettchen zu verteilen. Als er fertig war, reichte er das Brett mit dem meisten Fleisch zusammen mit ein Stückchen Brot an Sarina.

"Es ist nur ein Kaninchen was ich gestern gejagt habe. Plus eine einfache Gemüsebrühe. Wie gesagt, nichts besonderes."

"Nichts besonderes sagst du! Du bist mir ja einer... Selbst wenn man im Wald lebt ist sowas etwas feines. Und glaub ja nicht, ich seh nicht, dass du mir gerade das Brettchen mit den größten Fleischbrocken unterjubeln willst!", sagte Sarina. Freundlich, aber sehr bestimmt kippte sie einen Teil des Fleisches auf sein Brettchen drauf, so dass er nun den größeren Haufen hatte.

"Und danke für das Essen. Guten Appetit!", fügte sie hinzu, bevor sie zu essen begannen.
Das Essen war köstlich. Sie genoss jeden einzelnen Bissen, wollte sich durch nichts stören lassen. Ihr Vater hatte immer gesagt, beim Essen wird geschwiegen, sonst kann man eine Mahlzeit nicht genießen. Irgendwo hat er Recht, dachte Sarina. Manchmal stellte sie sich vor, er wäre noch hier, neben ihr, und aß mit ihr oder redete mit ihr über ihre Mutter. Aber das war Vergangenheit, und es sollte nicht mehr sein. Wichtig war jetzt die Zukunft, darauf musste sie sich konzentrieren. Er hätte auch nichts anderes von mir erwartet.

Sie hatte bemerkt, dass seine Augen sich vorhin verdunkelt hatten. Nachdenklich runzelte sie die Stirn. Er hat vermutlich vorhin gerade an jemanden gedacht, der ihm fehlt. Vielleicht seine Mutter oder sein Vater, wer weiß..

Unvermittelt beschloss sie, ihm etwas von ihr preiszugeben - entgegen ihrer Gewohnheit. Ihr Gefühl sagte ihr, dass er viel durchgemacht hatte und unter manchen Sachen litt. Genau wie die meisten Überlebenden.. Vielleicht half es ihm, die Geschichte eines anderen zu hören, und vielleicht tat es auch ihr gut, jemandem davon zu erzählen, zum ersten Mal seit dem Ausbruch des Virus'. Sie wusste, dass es wohl schwer sein würde, davon zu sprechen. Aber es hieß auch, geteiltes Leid ist halbes Leid. Vielleicht war daran ja was wahres dran.

Als sie fertig gegessen hatte, legte sie also ihr Brett zur Seite und fing an, zu erzählen:
"Ich bin bei meinem Vater groß geworden. Er war Jäger. Dank ihm kann ich mit Pfeil und Bogen umgehen, und er hat mir die Messer vermacht. Natürlich bin ich auch zur Schule gegangen wie alle anderen auch. Nur danach bin ich zurück zu ihm, in unsere Hütte im Wald. Die ist mittlerweile wohl etwas mitgenommen, mit etwas Glück ist sie vielleicht noch nicht ganz zugewachsen, aber ich konnte mich nie überwinden, dorthin zurückzukehren. Dort hat er mich dann auf seine Streifzüge mitgenommen, er mit dem Gewehr, ich als Indianerkind mit Pfeil und Bogen. Ich hab ihm zwar oft die Tiere verscheucht, aber wenigstens hatten wir Spaß. Abends haben wir oft zusammen gekocht, dabei hat er mir dann von Mum erzählt..." Sarina's Stimme brach. Sie hätte nicht gedacht, dass es sie doch so treffen würde, davon zu sprechen, hatte gehofft, sie könnte ihn ein wenig von seinem Kummer ablenken. Und jetzt hatte sie sich selbst ein Bein gestellt. Mühsam schaffte sie es, ein Schniefen oder Tränen zu unterdrücken. Zu gerne hätte sie in diesem Augenblick starke Arme um ihre Schultern gespürt, die ihr Trost spenden würden...

Schließlich räusperte sie sich und hoffte, durch ihre folgende Frage schnell auf andere Gedanken zu kommen. "Willst du mir davon erzählen, wie es bei dir war, als noch keiner von dem Virus wusste?"
Sie wusste, dass wenn sie jemand das gefragt hätte, dass sie vermutlich sofort abgeblockt hätte. Also wartete sie gespannt und sogar - was sie selbst am Meisten wunderte - etwas nervös auf seine Reaktion.

Etwas überfordert wusste Cyrus nicht, wie er reagieren sollte, als Sarina einfach ein Teil ihres Fleisches auf sein tat. Daher nuschelte er:

"Danke, ist aber nicht nötig....ebenfalls..."

Und nahm sich ein kleines Stück um darauf still herum zu kauen. Er beobachtete, wie sie das Essen genoss.

Ist es seit langem das erste Mal, dass sie etwas so kräftiges isst? Ihr scheint es zumindest zu schmecken. Ich versteh nur nicht, wieso sie das Essen als etwas feines betrachtet. Wäre es Reh, oder irgendwas in der Art, könnte ich es ja verstehen, aber so?

Cyrus unterdrückte ein Seufzen.

Ach Xea, wenn du jetzt nur hier sein könntest...

Immer noch an seinem Stück Fleisch knabbernd sah er, wie die junge Frau mit ihrem Essen fertig wurde und anfing zu erzählen. Geduldig hörte er zu, nickte regelmäßig um zu zeigen, dass er zuhörte. Er schluckte seinen ersten Bissen herunter als Sarina von ihrer Mutter erzählte und ihre Stimme brach. Cyrus spürte sofort eine tiefe Traurigkeit von der hübschen Frau ausgehen. Er hatte selber genügend Sorgen, aber es war seine Natur, sich um Menschen, die ihm über den Weg liefen, zu sorgen. Bevor er etwas entgegnen konnte, fragte sie ihn, wie es bei ihm vor dem Virus war.

Aus dem Gleichgewicht gebracht, wusste er nicht, was er tun oder sagen sollte. Also lies er den Blick sinken und sammelte seine Gedanken.

Wieso will sie das wissen? Was geht sie das an? Kann sie sich nicht um ihre eigenen Probleme kümmern?

Noch bevor er den Gedanken beendet hatte, schalt Cyrus sich innerlich.

Sie meint es doch nur gut, sie will nur etwas Konversation betreiben. Wenn man schon zusammen eine Mahlzeit einnimmt, kann man sich auch etwas näher kennenlernen...

Cyrus richtete sein Blick wieder auf sie, sah wie sie mühsam versuchte, das Thema zu wechseln und nicht an ihre Vergangenheit zu denken.

"Ich..." ihm blieben die Worte stecken. Also stellt er vorsichtig sein Brettchen ab, stand langsam auf und setzte sich sanft neben Sarina. Zögerlich legte er eine Hand auf ihre Schulter.

"Ich habe erst vom Virus erfahren, als es vorbei war...und..."

Seine eigenen Erinnerungen unterdrückend hielt er kurz inne.

"Und ich denke, dass die Vergangenheit vergangen ist. Wir leben heute hier und jetzt. Klar vermissen wir die geliebte Personen, aber sie kommen nicht wieder. Wahre die guten Erinnerungen, denke an sie. Unsere Ahnen und unsere geliebten Personen wachen über uns."

Gedankenverloren strich sich Cyrus eine einsame Träne aus seinem Gesicht und verstummte. Unsicher, wie Sarina reagieren und mit seiner Weisheit umgehen würde.

Angenstrengt hörte sie Bison zu, um auf andere Gedanken zu kommen. Als sie hörte, dass er erst vom Virus erfahren hatte, als es vorbei war, versuchte sie nachzuempfinden, wie sich das anfühlen mochte.

Irgendwo unterwegs zu sein und zu glauben, dass alles in Ordnung ist um dann bei der Rückkehr festzustellen, dass nichts so ist, wie man es zurückgelassen hat... Das klingt furchtbar. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ihm da gegangen sein muss..

Bison hatte sich neben sie gesetzt und seine Hand auf ihre Schulter gelegt, bei seiner Berührung war sie kurz vor Überraschung zusammen gezuckt. Doch es tat gut seine Nähe zu spüren, sie gab Halt und spendete Trost. Erschöpft und erleichtert, dass sie auf Bison getroffen war, lehnte sie sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Sie hörte Bison aufmerksam zu, als er weitersprach.

"Und ich denke, dass die Vergangenheit vergangen ist. Wir leben heute hier und jetzt. Klar vermissen wir die geliebte Personen, aber sie kommen nicht wieder. Wahre die guten Erinnerungen, denke an sie. Unsere Ahnen und unsere geliebten Personen wachen über uns."

Völlig in Gedanken versunken hatte Sarina nicht bemerkt, dass auch Bison mit seiner Vergangenheit kämpfte.
Er hat Recht, wir leben im hier und jetzt. Wir sollten alle versuchen, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Ich kann froh sein, gute Erinnerungen an die Zeit vorher zu haben. Vielleicht kann ich sie eines Tage an andere weitergeben. Und die Vorstellung, dass Mum und Dad von irgendwo aus über mich wachen und auf mich aufpassen, ist schön.

Langsam kehrte sie ins Hier und Jetzt zurück, und merkte wieder, dass sie sich an Bison gelehnt hatte. Es war angenehm, fand sie, und eine Wärme machte sich in ihr breit, die sie vorher nicht gekannt hatte.
"Danke", murmelte sie, machte jedoch keine Anstalten, sich von ihm wegzubewegen. Sie fragte sich, ob es wohl dieses Gefühl war, weswegen sich Männer und Frauen so sehr voneinander angezogen fühlten.

Die Stille, die seiner Aussage folgte, führten Cyrus' Erinnerungen zurück an eine schönere Zeit. Eine Zeit, als er noch bei seiner Mutter und bei seinem Bruder lebte...und die Zeit mit seiner Frau und seinem Kind. Er verlor den Bezug zu dem Hier und Jetzt. Sein Blick wurde starr und glasig, sein Gesicht und sein Körper verspannten sich.

Cyrus bemerkte nicht, wie die junge Frau seine Nähe suchte und ihren Kopf auf seine Schulter legte.

"Danke"

So leise gesprochen, so laut erschienen ihm die Worte und rissen ihn aus seinen Gedanken. Ihm wurde die Situation bewusst und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Cyrus entschied sich, sich nicht zu bewegen. Er biss die Zähne zusammen und traute sich nicht etwas zu sagen während ein wachsames Funkeln in seine Augen tratt.

Was zum...? Wie kann sie es wagen...? Will sie etwa...? Hatte sie von vornherein vor...?

Sarina spürte, dass Bison sich am ganzen Leib angespannt hatte. Ihre Entspannung schwand, ihr gutes Gefühl auch. Sie wurde unsicher.
Hab ich was falsches gemacht? Vermutlich ist ihm das absolut unangenehm, ich sollte...
Mit einem Ruck fuhr Sarina hoch und blickte zu Bison. Ihre Augen waren aufgerissen und ihre Wangen röteten sich.

"Es tut mir Leid, dir ist das unangenehm, nicht? Ich... Das wollte ich nicht!", stammelte sie.

Schnell rückte sie ab und zog ihren Rucksack auf ihrem Schoß. Sie kramte daraus Schleifsteine und begann die Messer zu schärfen. Dabei wirkte sie nicht ruhig, ihre Bewegungen waren hektisch. Nach außen hin wirkte sie sehr verlegen.

Doch innerlich wetterte sie mit sich selbst. Was hast du dir nur dabei gedacht? Du kannst dich doch nicht gehen lassen? Weder kennst du ihn noch weißt du, was in ihm vorgeht! Er ist dir FREMD, außerdem ist er ein EINZELGÄNGER, so wie du auch, also will er keine Gesellschaft! - Aber vielleicht ja doch, das kann man ja nie wissen! - Wenn es so wäre, dann würde er ja auch auf dich zugehen anstatt sich anzuspannen!

Nach diesem innerlichen Dialog hörte sie mit dem Schleifen der Messer auf und sackte niedergeschlagen ein Stück zusammen. Noch immer wagte sie nicht, Bison wieder zu kontaktieren. Also packte sie seufzend ihre Steine wieder in den Rucksack und starrte angestrengt in das Feuer vor sich.

Seine Gedanken drifteten erneut von der Gegenwart ab, er dachte nicht mehr über die Frau neben ihn nach. Es waren Erinnerungen die ihn in den Bann zogen. Erinnerungen als er das erste Mal seiner Frau begegnete. Als sie sich verliebten. Als sie viel Spass hatten. Der Tag an dem er in ihren Tribe aufgenommen wurde. Der Tag, an dem der Tribe ihre Hochzeit feierten. Der Moment, als sie ihm sagte, dass sie schwanger ist. Die Geburt der Tochter....und der Tag, der alles änderte.

Cyrus bemerkte nicht, wie seine Reaktion Sarina abschreckte. Wie er die Situation kaputt machte. Wie sein Erfolg, sie aufzuheitern, vernichtet wurde. Er spürte nicht, wie sie fast von ihm floh. Hörte nicht ihre Entschuldigung. Erst das Geräusch von Stein auf Metall holte ihn zurück. Seine Starre löste sich, sein Blick fiel auf die junge Frau.

Ohne es zu realisieren füllten sich seine Augen mit Tränen. Die Anspannung löste sich, Cyrus sackte in sich zusammen, lies den Kopf hängen. Tränen fingen an zu fließen.

Leise, fast ohne Emotionen verließen drei Worte seine Lippen.

"Ich bin Cyrus."

Als Bison ihr überraschend seinen wahren Namen verriet, blickte Sarina zum ersten Mal wieder auf und wandte ihm den Blick zu. Sie hatte ihn kaum verstanden, so leise hatte er gesprochen.

Was hat ihn dazu bewogen, ihn mir jetzt zu sagen?

Cyrus saß nicht mehr aufrecht und angespannt da, er wirkte erdrückt von der Last einer oder mehrerer Erinnerungen. Sein Kopf hing herab, sein Gesicht konnte sie nicht gut sehen, aber es schien so, als ob er weinen würde. Als sie ihn so erblickte, zog sich ihr Herz zusammen.

Sie wusste nicht recht, was sie tun sollte. Sie wollte weder ihn mit einer ihrer Handlungen vor den Kopf stoßen noch gar nichts tun. Zögerlich rutschte sie wieder zu ihm hin und zog ihn in ihre Arme. Sagen konnte sie nichts, sie war nicht gut in solchen Dingen, doch sie hoffte, dass er dies diesmal auch so aufnahm, wie es gedacht war: als Trost. Als "Hey, ich hör dir zu, wenn du reden willst, dann tu's. Wenn nicht, dann lass es. Ich bin trotzdem hier." Wenn es auch ein kläglicher Versuch sein mochte, ihm über seinen Schmerz hinwegzuhelfen, immerhin war es einer. Einen besseren brachte sie vermutlich nicht zustande.

Ihre beruhigenden Worte erreichten ihn, doch war er zu keiner Reaktion fähig. Apathisch ließ er zu, dass ihn Sarina in die Arme nahm.

Bilder der Vergangenheit liefen vor seinem Augen vorbei, schöne, aber vor allem die Grausamen. Taten die er beging, Dinge die er erlebt hat. Die Liebe die er verloren hat. Der Verlust der ihn mehr verletzt hat, als ihm bewusst ist.

Unverständliche Worte verließen seinen Mund. Blind klammerte Cyrus sich an Sarina.

Cyrus wurde von Verganenem regelrecht geschüttelt, Sarina vermochte sich nicht vorzustellen was er durchgemacht haben musste. Tränen liefen über seine Wangen, und es schien nicht so, als ob Cyrus noch im Hier und Jetzt war. Er klammerte sich an Sarina und überrumpelte sie damit völlig - sie hatte eher mit einer Abwehrreaktion gerechnet...
Gänzlich in einer anderen Welt stammelte Cyrus vereinzelte Silben, sie versuchte einen Sinn darin zu erkennen, Sätze oder Wörter heraus zu hören, doch vergeblich.

Das einzige, was sie tun konnte, war jetzt bei ihm zu bleiben und ihm da durch zu helfen.
Also hielt sie ihn fest in ihren Armen, wiegte ihn vor und zurück, strich ihm sanft über Kopf, Schulter und Rücken und hoffte, dass ihm das half, dass es ausreichte.

Es geht ihm nicht anders als mir, auch er braucht jemanden, mit dem er sein Leid teilen kann, wenn auch vielleicht ohne wirklich darüber zu sprechen. Jeder braucht einen Vertrauten, mit dem er nach vorne blicken kann und Freud und Leid durchsteht. Jemand, der für einen da ist und einem hilft.

Mit solchen Gedanken beschäftigt wartete sie, dass es ihm wieder besser ginge und hörte sie nicht auf, ihn in ihren Armen zu wiegen und ihm über Kopf, Schulter und Rücken zu streichen. Dabei murmelte sie leise in sein Ohr. "Es ist ja gut, du bist nicht allein. Ich bin hier."

"Es ist ja gut, du bist nicht allein. Ich bin hier."

Die Worte durchdrangen leise und aus sehr weitere Ferne den Neben seiner Erinnerungen. Doch halfen sie ihm nicht, wieder zurück zu finden. Immer mehr verlagerte sich sein Gewicht auf Sarina. Eine Hand tastete im Wahn langsam und sanft nach ihrem Gesicht, streichelte sie. Langsam wurden vereinzelte Silben verständlich.

"Xea....Ewai...Falke allein....Häsinnen....tot....alle....Rache....blutig...Hass...allein..."

Blind vor Erinnerungen suchte Cyrus das Gesicht der jungen Frau. Vergangenheit und Gegenwart nicht trennend näherte er sich ihren Lippen wie ein Verdurstender, wie einer, der etwas Verlorenes zu finden scheint.

Und küsste sie.

Sarina merkte, dass Cyrus sein Gewicht immer mehr auf sie verlagerte, sie musste unter seinem Gewicht ächtzen. Sie war zwar eine starke Frau, aber Cyrus war nunmal ein großer und kräftiger Mann, im Vegleich zu ihm war Sarina wohl eher schwach. Mühevoll hielt sie ihr Gleichgewicht und versuchte, ihm auch weiterhin eine Stütze zu sein.

Cyrus' Worte wurden etwas verständlicher, doch die wenigen Dinge, die sie verstand, erschütterten sie. Xea... Ewai... Das scheinen Namen zu sein... Namen von Personen, die er verloren hat, die ihm wichtig waren und wohl noch immer sind... Vermutlich ist er darum so zurückgezogen, so darauf bedacht, niemanden an sich ranzulassen... Aber was meint er mit...?

Sie kam nicht dazu, ihre Frage zu Ende zu denken, seine Hand an ihrem Gesicht schreckte sie auf. Was...?!
Sie blickte ihn an. Sein Gesicht kam dem ihren immer näher.
Oh Gott, er wird doch nicht...?
Angst überkam sie, war sie doch einem Mann noch nie so nahe gewesen und hatte eher Abstand zu ihnen gehalten, doch irgendein Teil von ihr schien sich darüber zu freuen. Unfähig, ihm auszuweichen, oder das folgende zu unterbinden, starrte sie ihn weiterhin an, unfähig, auch nur einen vernünftigen Gedanken zu fassen, ließ zu, dass ihre Lippen sich berührten.
Und erwiderte seinen Kuss...

In seinem Wahn erlebte Cyrus den Tag erneut, an dem seine Frau und er sich gegenseitig ihre Liebe für einander gestanden haben. Es freute ihn, dass sein Kuss erwidert wurde. Es freute ihn, mit Xea so einen einsamen Moment erleben zu können. Auch wenn immer noch tränen flossen.

Vergessend, dass ihm ein tragisches Schicksal seine Frau und seine Tochter genommen hatten, strich er zärtlich über den Sarina's Rücken. Ganz in den Moment und in der Situation verloren. Er löste sich von ihren Lippen und küsste liebevoll ihren Hals. Hatte er zu Beginn noch etwas eigenen Halt, wurde er jetzt nur noch durch die Stärke der jungen Frau gehalten.

Sarina hatte keine Ahnung gehabt, was ein Kuss für Gefühle und Reaktionen auslösen konnte. Sie wurde mitgerissen, von ihren Gefühlen, von dieser Situation, von allem.
Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, ihre Kopf schwirrte, ihre Umwelt verblasste. Die junge Frau hörte weder die Vögel zwitschern noch den Bach plätschern. Sie nahm nur noch das Gefühl wahr, das dieser Mann, den sie erst seit so kurzem kannte, in ihr auslöste.

Sie ließ sich darin fallen, ließ sich gehen, genoß die Wärme und das Feuer, das sich in ihr breit machten. Dachte nicht an etwaige Folgen, an mögliche Gründe für Cyrus' Handeln. Wehrte sich nicht mehr gegen das, was sie im Moment empfand, sondern erwiderte nur seine Zärtlichkeiten.

...

Sarina war wohl eingeschlafen, die Sonne stand schon tief, als sie die Augen aufschlug. Sie spürte jemand neben sich, spürte dessen Atem auf ihrer Haut. Dann fiel es ihr wieder ein. Sie hatte nur für ihn da sein wollen, dann war auf einmal mehr daraus geworden.
Ihr Gesicht überzog sich mit Schamesröte.

Oh Gott, was denkt er jetzt nur von mir? Ist er wach?

Seltsamerweise bereute sie es kein bisschen. Es war schön gewesen. Doch nun wusste sie nicht recht, was sie mit der Situation anfangen sollte, oder wie er reagieren würde.
Vorsichtshalber blieb sie ruhig liegen, versuchte, ihren Atem wieder zu beruhigen, und wartete einfach mal ab.

Die Zeit verschwamm, der Wahn schwächte ab.

Das Nächste, woran sich Cyrus erinnern konnte, war die Wärme einer Person neben ihn. Ihr regelmäßiger Atem beruhigte ihn, er fühlte sich fast wie zu Hause. Sanft streichelte er ihren Körper, nicht realisierend dass er nicht neben seiner geliebten Frau lag. Langsam öffnete er die Augen.

Die Sonne näherte sich ihrem Untergang und überzog den Himmel mit einen zarten Rosa. Cyrus lies den Blick wandern, versuchte erfolglos sich zu Erinnern wo er sich befand.

Sein Blick fiel auf Sarina. Panik überzog ihn, als er realisierte, dass er nicht neben Xea lag. Und er wurde blass als er verstand, was in den letzten Stunden passiert sein musste.

Mit trockenen Lippen und gebrochener Stimme sprach er abgehackt.

"Was...was...ist passiert?.... Wo....bin....ich?....Wie....heißt....du?...Was....hab....ich....getan?"